Darf ein Arbeitgeber von einem Arbeitnehmer nach dem Urlaub einen aktuellen Corona-Test verlangen – den dieser auch noch selbst bezahlen muss?
In der vergangenen Woche berichteten Urlauber vermehrt, dass sie im Urlaub „Post“ vom Arbeitgeber bekommen hätten. Grund: die Arbeitgeber verlangten einen Coronatest nach der Rückkehr aus dem „Risikogebiet Mallorca“. Bis zum Vorliegen des Tests müsse der Arbeitnehmer unbezahlten Urlaub nehmen. Alternativ könne er auch in Quarantäne gehen – ebenfalls unbezahlt natürlich.
Bei uns häuften sich die Fragen, ob so etwas rechtens sei. Das können wir natürlich nicht beurteilen, haben aber in der Rechtsanwältin Isabella Popp eine kompetente Ansprechpartnerin gefunden. Ihr haben wir die Fragen weitergeleitet, die sie wie folgt beantwortet:
„Grundsätzlich kann der Arbeitgeber von seinen Angestellten keinen Corona-Test verlangen, jedenfalls nicht grundlos. Denn letztendlich sind die ärztlichen Vorgaben hinsichtlich Prävention und Behandlung des Coronavirus entscheidend. Jedoch gilt zu beachten: Besteht der begründete Verdacht einer Infektion mit dem Coronavirus, kann der Arbeitgeber durchaus die Vorlage eines (amts-)ärztlichen Attests verlangen. Ob man als Rückkehrer aus Mallorca (aufgrund der jüngsten Vorkommnisse) bereits von einem begründeten Verdacht ausgehen kann, ohne dass noch weitere Gegebenheiten hinzukommen (wie das Feiern auf (Sauf-) Partys), ist bisher nicht geklärt. Für beide Seiten gibt es überzeugende Argumente. So hat der Arbeitnehmer grundsätzlich ein Recht auf Beschäftigung, das nicht ohne Weiteres ausgesetzt werden darf. Aber ein Arbeitgeber hat auch Fürsorgepflichten gegenüber den anderen Arbeitnehmern einzuhalten. Wenn das gesundheitliche Risiko wegen eines bestehenden Coronaverdachts für andere Arbeitnehmer so hoch ist, dass ein umsichtiger Arbeitgeber einen solchen Arbeitnehmer nicht beschäftigen würde und nicht beschäftigen dürfte, muss der Arbeitgeber entsprechende Sicherheitsmaßnahmen einleiten. Dies Bedarf jedoch einer Entscheidung im Einzelfall. Solche Maßnahmen können zum Beispiel die Vorlage eines Corona-Tests oder die Freistellung des betroffenen Angestellten sein. Dabei drängt sich gleich die Folgefrage der Vergütung einer solchen Freistellung auf. Hier muss man unterscheiden:
Rechtsanwältin Isabella Popp
Bei einer behördlich angeordneten Quarantäne kommen Entschädigungsansprüche nach dem IfSG (Infektionsschutzgesetz) in Betracht. Danach muss der Arbeitgeber die ersten sechs Wochen das Arbeitsentgelt weiter zahlen, er ist insofern vorleistungspflichtig. Nach Ablauf von sechs Wochen kann der Arbeitnehmer direkt Ansprüche an die zuständige Behörde stellen.
Liegt keine behördliche Anordnung vor, sondern beruht die Freistellung auf Anordnung des Arbeitgebers selbst, besteht jedenfalls dann der normale Vergütungsanspruch weiterhin, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer lediglich aus allgemeinen Gründen des Infektionsschutzes nach Hause schickt. Liegen der Freistellung jedoch die Wahrnehmung der Fürsorgepflichten des Arbeitgebers zugrunde, wie z.B bei einem begründeten Verdacht einer Infektion mit Corona, ist äußerst streitig, ob für die Zeit der Freistellung ein Vergütungsanspruch besteht. Einige wollen sich hierbei auf Par. 616 BGB berufen, wonach die Freistellung bis zum Vorliegen des Ergebnisses des Corona-Tests eine nur vorübergehende Verhinderung darstellen soll und damit der Vergütungsanspruch nicht ausgesetzt werden darf. Andere beziehen sich auf Par. 297 BGB, da gerade keine vorübergehende Verhinderung mehr vorliegen soll und der Arbeitnehmer während dieser Zeit außerstande zur Erbringung seiner Arbeitsleistung sein soll.
Man sieht, aufgrund der derzeitigen Rechtsunsicherheit und fehlenden Rechtsprechung zum Thema arbeitsrechtliche Auswirkungen von Corona können derzeit keine rechtlich verbindlichen Aussagen getroffen werden. Insbesondere ist bislang offen, welche Rechte und Pflichten Arbeitgeber und ihre Angestellten in der momentanen Situation rund um das Thema Corona im Einzelnen treffen.“