Dabei möchte ich doch nur Kerzen kaufen

15 Apr, 2021
Ein Artikel von: Dagmar Grabsch

Den Kerzenbestand auffrischen, oder einfach mal schnell Köttbullar im Ikea-Restaurant genießen – eine riesen Herausforderung.

Die Welt blickt auf Deutschland – schon immer. Als ich nach Spanien zog, sagte einmal ein Spanier zu mir: „Ihr Deutschen macht gute Gesetze, wir Spanier schauen da immer eine Weile zu und machen es euch dann nach. Nur besser!“

Als er diesen Satz sagte, dachte ich, er meint das sicher als Kompliment und Spanien nimmt uns gerne zum Vorbild. Vermutlich meinte er das auch tatsächlich so, damals jedenfalls. Und heute? Ganz ehrlich, heute bin ich froh, dass Spanien nicht in jeder Konsequenz von Deutschland abguckt. Auch wenn ich nicht alles gut finden muss, was geregelt wird, die Regeln sind hier klar und verständlich!

Regelwirrwar hier, “jeder macht was er will” da… Was heute beschlossen ist, gilt morgen nicht mehr. Die Welt blickt auf das politische Deutschland und man weiß langsam nicht mehr, ob man weinen oder lachen soll.
Wenn ich bis eben noch dachte, dieses nicht realisierbare „wenn die Inzidenz an drei aufeinanderfolgenden Tagen über 100 liegt, müssen die und die wieder schließen“, sei das Topping auf dem Corona-Dessert, werde ich heute eines Besseren belehrt. Als wäre die ständige Unsicherheit, ob man morgen öffnen darf, nicht schon Drama genug, kommt jetzt nach der Ikea-Klausel für verständliche Aufbauanleitungen, auch noch die Ikea-Einlass-Verordnung in Deutschland. So sieht es zumindest aus.

Ihr glaubt mir nicht? Geht doch mal bei Ikea Kerzen kaufen, oder Köttbullar essen. Zuerst – und das ist noch leicht – informieren. Das geht online auf der Webseite des Möbelhauses.
Dann geht es aber auch schon los. Die Rede ist von verschiedenen Szenarien an den jeweiligen Standorten. Zum Betreten des Möbelhauses benötigt man an einigen Ikea Standorten neben einem negativen Corona-Test und der verpflichtenden FFP2-Maske jetzt auch noch verpflichtend die LucaApp.

Nun stelle ich mir eine ältere Dame vor, rüstig und fidel macht sie sich mit Schnelltest und FFP2 Maske auf zum Ikea ihres Vertrauens. Eine coole Kinderzimmer-Einrichtung für ihr erstes Urenkelchen möchte sie kaufen. Selbstverständlich hat sie ein Smartphone und weiß sogar, wie man WhatsApp nutzt. Aber dann? Appstore? Ägypten? Sie versteht nicht, was man am Eingang von ihr möchte. Wird ihr ohne LucaApp der Eingang verwehrt?
„Luca?“, erklärt sie dem netten Wachmann am Eingang, „Nein, mein Urenkelchen wird ein Mädchen und soll Sophia heißen.“

Fazit:
Nun darf ich also nicht einmal mehr meine Kerzen im Ikea kaufen, soll eine App installieren, die hier gilt und da nicht? Lieber Bund, bei aller Föderalismus-Liebe, kommt aus dem Quark, schafft umsetzbare Regeln und lasst nicht jeden sein eigenes Süppchen kochen. Corona ist kein Rabattsystem, wo jeder ein eigenes System entwickelt.

Ikea selbst ist nun ein bisschen zurückgerudert und stellt klar, dass man auch shoppen darf, wenn das Urenkelchen ein Mädchen wird. Gegenüber dem Spiegel erklärt Ikea: „Sollte es Kund*innen nicht möglich sein, ihre Kontaktdaten digital über die Luca-App zu erfassen, so bieten wir entsprechend der lokalen Vorgaben alternative Registrierungsmöglichkeiten an, wie beispielsweise das Ausfüllen eines Kontaktdatenblattes vor Ort.“