Entscheidung über Ausgangssperre scheitert an Formsache

5 Mai, 2021
Ein Artikel von: Kenny Deppe

Der oberste Gerichtshof der Balearen lehnt eine Entscheidung über die Möglichkeit zur Verhängung von Ausganssperren nach Ende des Alarmzustands ab.

Vor kurzem las ich einen Witz über unsere „typisch deutsche“ Bürokratie-Verliebtheit:
Umfrage in einer Fußgängerzone.
Frage: ‚Auf einer Skala von 1 bis 10: Wie deutsch sind Sie?‘
Antwort: ‚Haben Sie überhaupt eine Genehmigung für diese Umfrage?‘

Heute beweist der oberste Gerichtshof der Balearen, dass er mindestens genauso „deutsch“ sein kann. Eigentlich sollte er darüber entscheiden, ob auch nach Ende des Alarmzustands am 9. Mai nächtliche Ausgangssperren und Kontaktverbote verhängt werden können. Das Problem: Das Gericht kann nur über beschlossene Dekrete und Gesetze entscheiden. Die Balearenregierung legte ihnen gestern lediglich vor, was ab kommendem Montag gelten SOLL.

Das Gericht kam mit drei zu zwei Stimmen also zu dem Schluss, dass die Balearenregierung die geplanten Verordnungen erst einmal beschließen soll, bevor man eine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit treffen könne.
Das Ende vom Lied? Man setzte sich in einer dringenden Sondersitzung zusammen und beschloss die Maßnahmen, die ab Montag gelten sollten, bereits heute. Nun liegt es erneut am obersten Gericht, eine Entscheidung zu treffen.

Der Oberstaatsanwalt Bartolomé Barceló, gab bereits gestern seine Meinung zu den geplanten Maßnahmen ab. Zur nächtlichen Ausgangssperre sagte er: „Diese Maßnahme verletzt das in der Verfassung verankerte Recht auf Freizügigkeit. Sie kann nicht legal angewendet werden, wenn kein Alarmzustand vorliegt.“ Ebenso sieht er keine Rechtsgrundlage für die geplanten Kontaktbeschränkungen im privaten Raum. Hierbei würden die Grundrechte des Versammlungsrechts, des Rechts auf Privatsphäre und des Rechts auf die Unverletzlichkeit der Wohnung eingeschränkt werden. Sehr wohl aber, darf die Balearenregierung die Zahl der Kontakte im öffentlichen Raum beschränken! Theoretisch wäre es also möglich, dass sich auf der Straße weiterhin nur sechs Personen treffen dürfen, in der eigenen Wohnung aber keine Beschränkung herrscht.

Wie es am Ende kommt, werden wir hoffentlich noch diese Woche erfahren. Ansonsten gilt ab Montag eine Verordnung, von der niemand weiß, ob sie rechtmäßig ist.