Mallorca „andersrum“

1 Mai, 2020
Ein Artikel von: Dagmar Grabsch

Mallorca ist auch in der Gay-Szene ein sehr beliebtes Urlaubsziel. Allerdings sind es weniger die „Partypeople“, die es auf die Insel zieht, sondern vielmehr die, die Ruhe suchen und entspannen wollen. Kultur und Shopping stehen bei den Mallorca Urlaubern aus der Gay-Szene höher im Kurs, als Ballermann und „Eimersaufen“.

Ein Paar mit dem wir gesprochen haben, sind Basti und René. Sie leben seit 2018 gemeinsam auf Mallorca. Basti ist, mit Unterbrechungen, schon länger auf der Insel. René lernte er in Deutschland kennen und verliebte sich sofort in ihn. Für beide stand fest, dass René so schnell wie möglich zu Basti auf die Insel zieht. Sie sind hier glücklich und leben in sehr geregelten Verhältnissen an der Playa de Palma. Beide haben einen Job und kümmern sich liebevoll um ihren Hund.

Basti sagt: „Hier an der Playa interessiert es niemanden, dass wir schwul sind. Wir können hier ganz normal leben, ohne das sich irgendwer daran stört.“ René ergänzt: „In Deutschland kriegen wir öfter schiefe Blicke als hier. Auf Mallorca gucken die Älteren manchmal verdutzt, weil die das nicht kennen. Aber du bekommst hier nie einen Spruch wie „Du Schwuchtel“, oder so.

Geht es auf Mallorca tolerant zu? Toleranter sogar als in Köln, der Schwulenhochburg schlechthin, hier kommen Beide übrigens her. Basti antwortete ohne zu zögern: „Ja, hier ist man toleranter. Ja! Also nicht nur von den Einheimischen her, sondern auch von den Touristen die hier herkommen und feiern. Wenn wir am Strand liegen und uns zwischendurch mal küssen, kommt oft ein Daumen hoch, oder es wird ein Herz gezeigt. Auch im Bierkönig ist das kein Problem. Wir haben mehr Anfeindungen in Deutschland erlebt, als hier.

Szene-Treffs auf Mallorca

Echte Szene-Treffs gibt es auf Mallorca kaum. Hier mischt sich das eher. René erzählt: „In Köln hast du ganze Straßen und Viertel für Schwule. Hier ist das nicht ganz so offen.“ Basti meint: „Du kannst als schwules Paar im Titos oder La Demence in Palma feiern gehen. Da sind viele Schwule, aber das ist ganz anders als in Deutschland. Die Szene ist hier nicht so ausgeprägt. Ich denke auch das viele Spanien unter Freunden sehr normal damit umgehen, aber in der Öffentlichkeit noch etwas zurückhaltender sind. Hier gibt es versteckte Bars, aber nicht so viel zum Feiern.

… und dann gibt es die, die gar nicht tolerant sind

Während die Menschen auf Mallorca insgesamt recht entspannt mit gleichgeschlechtlichen Paaren umgehen, gibt es eine Institution, die damit noch große Probleme zu haben scheint: die Kirche. Basti und Renè haben ihre Hochzeit geplant. Der Teil, den das spanische Standesamt betrifft, klappte problemlos. Die Suche nach einer Kirche allerdings wurde von satten 41 Absagen gekrönt.

René erzählt: “Wir haben über unsere evangelische Pfarrerin nach einer Kapelle gesucht. Die waren alle sehr katholisch eingestellt. Sobald die mitbekommen haben, dass es um zwei Männer geht, kam sofort die Absage.” Basti wirft ein: “Die katholische Kirche traut keine Männer. Evangelische Pfarrer haben hier keine eigene Kirche, die mieten sich bei Bedarf nur ein. Unsere Pfarrerin hat viele Anfragen gestellt und immer ein Ja bekommen. Bis eben herauskam, dass es um zwei Männer geht. Selbst bei einer freien Kirche, die nur von Spenden lebt, hat sie eine Absage bekommen.

Irgendwann hatten Basti und René genug von den Absagen und haben sich nach einer Alternative umgesehen. Geheiratet haben die beiden auf einem Boot.
Spätestens zur Silberhochzeit besuchen wir sie wieder und schauen, was sich verändert hat im toleranten Mallorca.

Und wie sieht es für homosexuelle Urlauber auf Mallorca aus?

Auch Markus Simons, einigen bekannt aus der Faneteria der Büchners, wo er kurzzeitig Geschäftsführer war, kommt mit seinem Mann Ian gerne auf die Insel. Er sagt: „Wir möchten Land und Leute kennenlernen. Dabei geht es in den Urlaubshochburgen recht frei zu. Hier muss man sich nicht verstecken und kann sein ‘schwul sein’ ganz normal ausleben. Wir sind allerdings viel im Landesinneren unterwegs. Dort wird man von den älteren Mallorquinern schon ein wenig schief angeschaut. Meist sind es die ab 60 und erstaunlicherweise mehr die Männer als die Frauen.

Mit ein oder zwei Regeln kommt man gut durch den Urlaub – das gilt übrigens für alle, nicht nur für die Gay-Szene. „Wir sind nicht mehr 20 und müssen uns nicht ständig anfassen und knutschend über den Marktplatz rennen„, sagt Markus. „Wenn man sich respektvoll gegenüber seinen Mitmenschen benimmt, wird man auch in den weniger touristischen Orten mit Respekt behandelt. Das ist hier wie überall auf der Welt der Schlüssel für ein gutes Miteinander. Wir fahren ja nicht in den Urlaub, um andere zu provozieren, oder ihnen unsere Lebensweise aufzudrängen. Wer das beherzigt, ist überall Willkommen und wir kommen immer gerne wieder.