Wenn aus Rock ’n‘ Roll plötzlich Rock ’n‘ Stay Home wird. So hat Phil Wolff, der „Mick Jagger Mallorcas“, den Alarmzustand erlebt.
Es war 11 Uhr, als wir uns mit Phil Wolff in Colònia de Sant Jordi trafen. Unser Plan war, ein paar Fotos am Strand zu machen, also trug Phil ein Bühnenoutfit – eine Hose und Krawatte im Leopardenlook. „Jetzt renne ich schon vormittags so rum. Da denken die Leute gleich wieder ‚Was ist das denn für einer‘? Aber ich bin das ja gewohnt”, sagt Phil lachend.
Phils Band auf Mallorca, We r comin‘!, gibt es nun schon seit 17 Jahren. Seit zwei Wochen können sie nach der langen Pause während des Alarmzustands nun wieder Proben – und das tun sie auch! Phil hat die Zwangspause nämlich genutzt und an einigen neuen Liedern gearbeitet. Die werden jetzt eingeübt und nach dem Sommer geht es mit den Jungs dann ab ins Tonstudio, ein Album aufnehmen.
Natürlich wollten wir von Phil wissen, wie es ihm während der Ausgangssperre ergangen ist.
„Ich muss dazu sagen, dass ich mit 40 Tuberkulose hatte. Da lag ich drei Monate im Krankenhaus, das ist nochmal ne ganz andere Nummer, als zwei Monate zuhause eingesperrt zu sein. Es hat aber trotzdem sehr lange gedauert, bis ich das mit Corona alles realisiert habe, was wirklich los ist. Mein Sohn war bei mir und meiner Frau ‚gefangen‘, der suchte gerade eine neue Wohnung. Da saßen wir plötzlich zu dritt in einem Mini-Appartement. Da hat man dann keine Privatsphäre mehr. Aber immerhin haben wir eine Terrasse. Mir tun die Leute leid, die irgendwo in der Stadt in ihren Wohnungen saßen.„
Die wirtschaftlichen Folgen des Alarmzustands hat auch Phil zu spüren bekommen. „Als Musiker bekommt man nichts. Wenn man nicht spielt, kommt kein Geld rein. Früher konnte man noch immer sagen, wenn gar nichts läuft, schnappt man sich seine Gitarre und geht auf den Wochenmarkt. Da kommt dann auch immer ein bisschen was rein. Das gab es alles nicht mehr. Das einzige was mich tröstet ist, früher wenn ich nichts hatte, dann wusste ich das ich selber schuld bin. Musst du sehen wie du wieder raus kommst. Jetzt weiß ich: Ich bin nicht alleine.„
Dieses Gefühl des nicht alleine seins, spürte er aber auch bei anderen Gelegenheiten während der Ausgangssperre. „Was schön zu sehen war, war die Hilfsbereitschaft untereinander. Als wir nicht raus durften hat in der Nachbarschaft immer mal einer Musik gemacht, oder die Polizei kam zum Kindergeburtstag vorbei und hat versucht die Kinder aufzuheitern. Die Leute waren füreinander da, obwohl man sich nicht sehen durfte.“ Die Geburtstagsständchen der Polizei auf Mallorca haben es übrigens sogar bis in die deutschen Nachrichten geschafft.
Für andere da zu sein, ist dem verrückten Rockmusiker mit weichem Kern sehr wichtig. Als er von der Hilfsaktion „Sven helps Mallorca“ erfuhr, bei der hilfsbedürftige Familien mit Lebensmitteln versorgt werden, schrieb er ein Lied und spielte es komplett alleine ein. Der Erlös aus dem Verkauf geht zu 100% an den guten Zweck! Wer auch etwas Gutes tun möchte, indem er ein wenig Musik hört, findet den Charity-Song unter diesem Link.
Für Phil selber geht es nun auch langsam wieder aufwärts. Sein erstes, kleines Privatkonzert hatte er letzte Woche bereits und auf den Märkten darf man auch wieder Musik machen. Nur der Abstand zu den Menschen muss eben gewahrt werden. Wer Phil schon einmal Live gesehen hat weiß, dass das für ihn sicher nicht ganz leicht ist, denn er liebt die Nähe zu seinem Publikum.
Hoffen wir, dass dies bald wieder möglich ist.