Stefan Niedenzu – Ein Friseur zwischen Kunst und Corona

20 Dez, 2020
Ein Artikel von: Kenny Deppe

Stefan lebt seit fast 10 Jahren auf Mallorca und betreibt einen Friseursalon, in dem er regelmäßig auch Kunst ausstellt. Doch die Corona-Krise macht ihm schwer zu schaffen.

Mitten in Palmas Altstadt, zwischen der Plaza Mayor und der Kathedrale, betreibt Stefan Niedenzu seinen Friseursalon. Neben der Kunst seines Handwerks, wird den Kunden seines Salons auch Kunst an den Wänden geboten. Regelmäßig veranstaltet er Ausstellungen interessanter Künstler und hat sich mit seinen Vernissagen inzwischen einen Namen auf Mallorca gemacht. Doch mit der Corona-Krise hat sich für ihn schlagartig alles geändert. Mit dem Lockdown im März musste auch er seinen Laden vorübergehend schließen und Veranstaltungen wie es sie bei ihm gab, sind bis heute nicht wieder erlaubt.

Stefan wollte sich durch die Situation nicht unterkriegen lassen, fühlte sich jedoch auch ein wenig machtlos. Zu Beginn der Pandemie zeigte er noch Verständnis. „Im ersten Moment habe ich gedacht, dass ist die richtige Art damit umzugehen“, sagt er. „Die ersten drei Wochen zuhause rumliegen fand ich ganz gut. Als es dann verlängert, verlängert, verlängert wurde, kamen natürlich Situationen, wo ich dachte ‚Wie machst du das denn jetzt, wenn du gar nicht mehr arbeiten darfst?‘. Mir ging natürlich auch das Geld aus. Ein kleiner Friseur wie ich hat keine Rücklagen.“

Die Zeit war nicht leicht für ihn. „Ich hatte auch Depressionen und fragte mich wie es weitergehen soll, weil auch die zugesagten Hilfen des Staates nicht kamen. Es kam überhaupt nichts! Der spanische Staat hat sich da nicht mit Ruhm bekleckert. Das machte mir schon sehr viel Angst“, erzählt uns Stefan.

Unterstützung erhielt Stefan von einer ganz anderen Seite. „Also habe ich versucht, das Beste daraus zu machen. Ich hatte auch das große Glück ganz fantastische Kunden zu haben, die von sich aus angeboten haben mich zu unterstützen. Diverse Kunden haben mich mit etlichen Euro unterstützt. Ich sage nicht wieviel, aber die haben mich in den drei Monaten Lockdown hier in Spanien über Wasser gehalten. Ich bin diesen Kunden sehr, sehr dankbar, weil das ja ungefragtes Geld war, um mich hier auf der Insel zu halten. Dafür bin ich sehr, sehr dankbar.“

Als der Lockdown in Spanien endete, ging es auch bei Stefan langsam wieder vorwärts. „Dann haben wir im Juli wieder geöffnet und hatten den Eindruck, dass es zwar schwach ist, aber gehen kann“, sagt er. Doch im August folgte der nächste Rückschlag: Deutschland stufte Mallorca als Risikogebiet ein und Reiserückkehrer mussten in Quarantäne. Da die meisten seiner Kunden ihren Zweitwohnsitz auf Mallorca haben und somit durch die Reisewarnung lieber in Deutschland blieben, war dies ein erneuter schwerer Schlag für Stefan Niedenzu. „Und kaum sahen wir wieder ein bisschen Licht am Ende des Tunnels, hat Deutschland Mallorca zum Risikogebiet erklärt“, erzählt er. „Ob Lockdown oder nicht, in dieser Zeit ist keiner mehr gekommen. Also waren wir wieder auf Null gesetzt, ohne irgendeine Unterstützung. In Deutschland gab es ja wenigstens die Soforthilfe. Hier wurden Hilfen angesagt, die nicht gezahlt wurden. Ich warte jetzt seit März und es kommt nichts. Wir sitzen hier auf der Insel und ein Geschäft nach dem anderen macht zu. Für die Pandemie kann niemand was, aber wenn der Staat sagt ‚Du machst jetzt zu, du darfst nicht arbeiten‘, dann müssen auch die versprochenen Hilfen fließen, damit es weitergehen kann. Mittlerweile bin ich auch richtig sauer, weil nichts langfristig angelegt ist.“

Der Grund für Stefans Wut ist nachvollziehbar, denn wie er uns verrät, sind die versprochenen aber nicht angekommenen Hilfen das, was bei ihm den Unterschied ausgemacht hätte. Die derzeitige Situation lässt ihn sorgenvoll in die Zukunft blicken. Er würde sich daher eine Strategie für die nächste Zeit wünschen, die Sicherheit gibt. „Wir brauchen eine langfristige Idee für diese Pandemie, denn auch wenn die Impfung da ist, wird nicht alles vorbei sein. Nicht jeder möchte sich impfen lassen. Ich bin kein Impfgegner, aber ich nehme gerne getestete und sichere Medikamente zu mir und nicht mit der heißen Nadel zusammengestrickte.“

Die gelebte „Neue Normalität“

Auch wenn nicht absehbar ist, wie es auf Mallorca weitergeht, möchte Stefan nicht tatenlos dasitzen und einfach abwarten. Wie in den letzten Jahren üblich, wird er auch weiterhin Vernissagen in seinem Salon veranstalten. Nun eben angepasst an die Umstände. „Normalerweise mache ich Vernissagen alle drei, vier Monate. Da ist mittlerweile ein anerkanntes, wunderschönes Event hier auf dieser Insel. Mit Gästen, Catering, Champagner, Live-Musik“, erzählt Stefan, der seine aktuelle Ausstellung virtuell veranstaltet. „Jetzt habe ich eine Künstlerin aus Deutschland, die Doreen, die hervorragende, lustige Pop Art-Bilder malt, die meine Stimmung aufhellen, wenn ich morgens ins Geschäft komme. Kommt gerne vorbei und schauts euch an.“ Stefan ergänzt: „Aber ganz wichtig: Bitte nur auf Termin. Das ist derzeit leider nicht anders möglich. Ich hoffe das wir im nächsten Jahr, wenn alles gut geht, mal wieder zusammen feiern können.“

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Die Künstlerin Doreen sagt über sich: „Ich habe immer schon gemalt. Meistens Keramik und Bilder jetzt seit zwei Jahren.“ Warum sie gerade bei Pop Art malt, hat einen ganz einfachn Grund: „Ich mag den Pop Art-Stil einfach. Mir gefällt Farbe. Ich male auch mallorquinische Motive, also zum Beispiel Esel und Stiere, aber Pop Art ist mein absoluter Favorit.“ In einem Friseursalon auszustellen, was ja durchaus ungewöhnlich ist, schreckte sie gar nicht ab. „Ich hatte Stefan im Internet entdeckt und gesehen das er immer wieder Ausstellungen macht. Da habe ich ihn einfach angeschrieben und er war begeistert und hat gesagt, dass wir das gerne machen können. Eine richtige Vernissage geht derzeit leider nicht, also machen wir es nun online.“

Doreen macht eine Ausstellung in Stefans Salon

Einen kleinen Eindruck ihrer Kunst, in der sie auf das aktuelle Zeitgeschehen mit einer gut dosierten Prise Humor eingeht, wollen wir euch natürlich nicht vorenthalten. Auch dieses Bild findet man gerade bei Stefan im Salon.