An der Playa kocht die Wut hoch – geben „erbärmliches Bild ab“

6 Mai, 2023
Ein Artikel von: Kenny Deppe

Archivbild

Die Playa de Palma verliert die Blaue Flagge. Nun entlädt sich Wut bei der Bevölkerung, Rettungsschwimmern, Hoteliers und der Opposition.

Die Playa de Palma… nein, ganz Palma, legte in der Urlaubs-Saison 2023 einen katastrophalen Fehlstart hin. Beinahe täglich gibt es neue Beschwerden über den quasi nicht vorhandenen Service. Nachdem nun auch noch die Playa de Palma ihre Blaue Flagge – eine Auszeichnung für die Qualität eines Strandes – entzogen bekam, entlädt sich die Wut auf breiter Front.

Wenn man es nicht besser wüsste könnte man meinen, Mallorca wurde vom frühen Saisonbeginn überrascht. Bereits zu Ostern, also Anfang April, war die Insel proppevoll. Das Problem jetzt sollte eigentlich keines sein, denn: dieser erste Ansturm kam mit Ansage. Bereits letztes Jahr verkündete der Reiseveranstalter TUI, dass Urlaub auf Mallorca 2023 zwar teurer werde, man aber mit einer rekordverdächtigen Saison rechne. Und egal wo wir zu Ostern auch hinschauten, man hatte sich darauf vorbereitet. Paguera, Cala Millor, Cala Ratjada: überall gab es aufgeräumte Strände mit Liegen, Schirmen, geöffneten Strandbuden und -einrichtungen. Nur nicht in Palma.
Für die Urlauber natürlich nicht so schön. Da bucht man einen teuren Urlaub und kann die durchaus sommerlichen Tage, die wir im April bereits hatten, nicht auf einer Liege genießen.

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So richtig hörbar laut wurde die Kritik dann Ende April, als die Betreiber-Gesellschaft der Balnearios an der Playa de Palma, die auch die Lizenz zur Vermietung der Liegen hat, sich erstmals rechtfertigen musste. Man sollte den Strand sauber halten, obwohl man vom Rathaus in Palma keine Erlaubnis erhielt, Liegen und Schirme zu vermieten. Ein privates Unternehmen arbeitet schließlich nicht gerne ohne Gegenleistung. Das Rathaus sah bei sich jedoch keinen Fehler und schob die Verantwortung schlichtweg an die spanische Küstenschutzbehörde weiter. Die muss nämlich die Bewirtschaftung genehmigen, was wohl erst Anfang Mai geschehen sollte – auf dem Rest Mallorcas funktionierte das kurioserweise schon im April.

Als am 1. Mai dann schließlich auch die Gemeinde Palma theoretisch in die Saison starten sollte, passierte erstmal ziemlich wenig. Die Rettungsschwimmer traten ihren Dienst an, sonst war nicht viel zu sehen. Aber damit drohte schon das nächste Unheil, denn auch hier soll das Rathaus einiges verpennt haben, was man eigentlich im letzten Jahr für die Saison 2023 versprochen hatte. So gibt es Posten, an denen die Rettungsschwimmer schlichtweg keinen Wachturm vorfanden. Ihr Arbeitsplatz ist also in der prallen Sonne. Andere Wachtürme sind noch immer beschädigt, obwohl deren Reparatur versprochen worden war.

Der Fernsehsender IB3 sprach an Palmas In-Strand Cala Mayor mit einem der dort arbeitenden Rettungsschwimmer über die Situation. Der berichtete: „Es ist viel schlimmer als letztes Jahr. Wir haben keine Duschen, die Toiletten sind ein Desaster und das Krankenzimmer ist nicht eingerichtet. Ich kann keine Art von Service bieten.“
Ähnlich sieht es an der Playa Ciudad Jardín aus. In einem ziemlich schockierenden Video auf Instagram zeigt einer der Rettungsschwimmer ein völlig verdrecktes und verwahrlostes Krankenzimmer. In dem Raum gibt es weder Strom noch Wasser. Auch beklagt er sich über fehlende und beschädigte Wachtürme sowie fehlendes Arbeitsmaterial. Das Rathaus hat demnach keine der Zusagen eingehalten, die man vor einem Jahr getroffen hatte.
Im Gegenzug drohte das Rathaus allerdings schon Anfang April mit Anzeige, sollten die Rettungsschwimmer ihren Teil der getroffenen Vereinbarung nicht erfüllen. Ganz schlechter Stil.

Der Entzug der Blauen Flagge bringt das Fass zum Überlaufen

Kurz nachdem die Rettungsschwimmer ihren Unmut zum Ausdruck gebracht hatten, wurde dann auch noch bekannt, dass die Playa de Palma ihre Blaue Flagge verliert. Sie gilt als Qualitätsmerkmal für Strände, die Vorraussetzungen wie Sauberkeit, Wasserqualität, Sicherheit und Dienstleistungen erfüllen.
Nach den fehlenden Liegen, den unaufgeräumten Stränden und den Beschwerden der Rettungsschwimmer, brachte diese Meldung das Fass zum Überlaufen.

Der Hotelierverband der Playa de Palma bringt es dabei in einer Pressemitteilung auf den Punkt. Dort heißt es: „Wir sind die größte touristische Zone der Balearen und geben ein erbärmliches Bild für unsere Besucher ab.“
Der Präsident des Verbandes sieht die Playa de Palma ein Mal mehr als „von den Behörden vernachlässigt“ an. Weiter heißt es vom Verband, dass die Unternehmer der Playa ihren Teil getan und Millionen investiert hätten. Die Politik jedoch „verderbe immer mehr die wenigen Dinge, die gut gemacht sind.“

Für die Opposition natürlich ein gefundenes Fressen, finden doch am 28. Mai die Kommunalwahlen statt. Es ist schließlich der amtierende Bürgermeister Hila, der in den letzten Jahren immer wieder sein Mantra vom nachhaltigen Qualitätstourismus wiederholte. Der Spitzenkandidat der konservativen Volkspartei legt den Finger in die Wunde, wenn er sagt: „Der Verlust der Blauen Flaggen und der Mangel an Geldern und Rettungsschwimmern, ersticken die Reden von Nachhaltigkeit und Qualität im Keim, die Hila hält.“ Er verspricht: sollte bis zu den Wahlen nichts geschehen, werde seine Partei sofort nach den Wahlen handeln. „Aber wenn wir so lange warten müssen, wird der Imageschaden von Palma als Urlaubsziel immens und schwer zu beheben sein.“

Die Wut macht sich inzwischen aber, drei Wochen vor den Wahlen, auch in der Bevölkerung bemerkbar. Es ist gerade einmal 10 Tage her, dass die Verbraucherschutzorganisation OCU die Stadt Palma zur „dreckigsten Stadt Spaniens“ kürte. Der Verlust der Blauen Flagge passt da irgendwie einfach nur ins Bild. Die Kommentare in den sozialen Medien sind jedenfalls eindeutig: „Der Tourismus bringt viel Geld, aber wir schwimmen in Scheisse, „Das ist der Empfang für den Qualitätstourismus“, „Ich weiß nicht, warum überhaupt noch Touristen kommen. Wir behandeln sie schlecht und sie kommen und kommen und kommen.“
Kaum noch zählen lassen sich die Kommentare, in denen sich darüber gewundert wird, wohin die Touristensteuer geht, wenn man nicht mal die Strände sauber hält.
Andere können es nur noch mit Sarkasmus nehmen und geben Kommentare wie „Wählt Hila!“ ab, oder wundern sich, warum der mangelnde Service beklagt wird, wenn man doch direkt am Strand Massagen bekommt, Sonnenbrillen bei Straßenhändlern kaufen kann und die Hütchenspieler für Unterhaltung sorgen.

Wundern darf man sich schon

Was aktuell in Palma geschieht, darf einen tatsächlich etwas irritieren. Es klingt befremdlich, wenn man einerseits Qualitätstourismus predigt und „den Ballermann“ für alle Probleme verantwortlich macht, andererseits aber selbst keinerlei Qualität bietet. Welcher „Qualitätstourist“ möchte schon in der dreckigsten Stadt Spaniens Urlaub machen? An unaufgeräumten Stränden ohne Liegen? An denen Rettungsschwimmer ihrer Arbeit nicht vernünftig nachkommen können? Zwischen Hütchenspielern und Straßenhändlern?

Nein, in dieser Saison gehen Anspruch und Wirklichkeit einfach zu weit auseinander. Die Rettungsschwimmer, Liegenvermieter und Hoteliers würden nichts lieber tun, als ihren Job zu erledigen. Die Stadt Palma lässt sie allerdings im Stich. Wie es besser geht, kann man in jeder anderen Gemeinde Mallorcas beobachten. Klar, hier und da wundert man sich vielleicht ein wenig über das Timing einiger Bauarbeiten, die im Herbst beschlossen und kurz vor Ostern begonnen werden, wenn gerade die ersten Urlauber eintreffen. Aber punktuelle Versäumnisse sind – in dem Fall sogar wortwörtlich – eine ganz andere Baustelle, als das komplette Verpennen der Saison. Und wenn jede andere Gemeinde es hinbekommt, braucht man die Schuld an den Umständen auch nicht auf andere schieben.

Die Playa de Palma wird dieses Jahr wohl trotzdem voll werden. Aber wenn man nicht in den nächsten Tagen den Turbo zündet und die eklatanten Versäumnisse ausbessert (wie es mit den Liegen bereits passiert), wird der Imageschaden gewaltig. Denn aktuell präsentiert man sich als perfekter Urlaubsort für diejenigen, die ihre leere Bierdose stilvoll ins Stadtbild integrieren, wenn sie sie achtlos auf den Boden werfen.