Wenn Freiheit nicht gleich Freiheit ist

16 Jan, 2022
Ein Artikel von: Dagmar Grabsch

Während mehrere hundert Menschen den Beginn der Feierlichkeiten zu Sant Sebastià feierten, demonstrierten andere für mehr “Freiheit”.

Viele Mallorquiner freuen sich über die wiedergewonnene Freiheit und auf die Feierlichkeiten rund um Sant Sebastià, dem Schutzpatron der Inselhauptstadt Palma. Immerhin sagt man niemand geringerem als ihm, bzw. seiner Reliquie nach, dass man durch ihn die Pest überstanden habe. 1642 wurde er zum Schutzpatron und wird seitdem jährlich mit einem Fest geehrt.
So freuten sich mehrere hundert Menschen unter dem Olivenbaum vor dem Rathaus am Samstag auf die Riesenfiguren “Gegants” und auf den Drachen. Zu beachten gab es dabei lediglich die allgemeine Maskenpflicht. Es überwog die Freude, dass es in Spanien lockerer zugeht, als in vielen anderen Ländern. Ein herrliches Gefühl, wenn man Kinder wieder lachen sieht…

Trotz Omikron haben wir hier also eigentlich kaum Beschränkungen, sieht man von der allgemeinen Maskenpflicht und 3G, zum Beispiel in der Gastronomie, einmal ab.
Nach den harten Corona-Maßnahmen, die wir auf der Insel hatten, sind die Meisten in der “aktuellen Normalität” angekommen. Zu Beginn der Pandemie durften wir wochenlang nicht raus und dann kam die generelle Maskenpflicht. Maske auf bei 40 Grad, das war kein Zuckerschlecken. Nun also dürfen wir wieder feiern – und tun das auch.

Fast zeitgleich demonstrierten dennoch 1.000 bis 2.000 zumeist maskenlose Gegner der Corona-Politik in Palma. Vom Parc de la Mar zogen sie Richtung Plaça d’Espanya. Ihr Anliegen: Lautstark gegen die 3G-Regel demonstrieren, die unter anderem in der Gastronomie auf Mallorca gilt. Auch gegen Kinderimpfung wurde demonstriert.
Alles natürlich zum großen Teil ohne die Einhaltung der Maskenpflicht.

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Standard. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf den Button unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

Sie riefen nach Freiheit und hielten Schilder hoch mit Aufschriften wie “Das Virus mutiert zur Diktatur”.
Freiheit, welche Freiheit meinen sie? Die Freiheit, sich impfen zu lassen – oder auch nicht. Mehr Freiheit geht nicht. Wer hätte gedacht, dass im dritten Jahr der Pandemie einmal ausgerechnet in Deutschland die Impfpflicht diskutiert wird? Vor gut einem Jahr hätte ich persönlich gewettet, dass Spanien die Impfpflicht als eines der ersten Länder einführt.
Oder geht es um die Freiheit, sich testen zu lassen, wenn man in ein Restaurant gehen möchte? Auch hier ginge es deutlich drastischer mit einer 2G oder gar 2G+ Regel.

Zum Abschluss mal ein kleines, selbst erlebtes Beispiel, wie Freiheit nicht gehen darf – und warum es immer schwerer wird, mit der “anderen Seite” in Dialog zu treten.
Es ist beste “Rentner-Einkaufszeit”, als ich durch den Mercadona schlendere. Auch mit meinen immerhin 57 drücke ich den Altersschnitt noch ganz schön. Plötzlich, hinten beim Fleisch lautes Gemurmel, Kopfgeschüttel und Unverständnis.
Neugierig wie ich nun mal bin, schau ich um die Ecke. Geht da eine der (sorry, aber Facebook sei Dank kennt man seine Pappenheimer)… geht da also eine der bekanntesten Corona-Leugnerinnen Mallorcas in aller Ruhe ohne Maske einkaufen. In ihrem ja nun mal deutlich erkennbaren Gesicht kann man so etwas wie Genugtuung sehen. Sie geht einkaufen, widersetzt sich allen “Maskierungs-Regeln” und grinst im Kreis: „Schaut her, was ich tolles kann…“
Dass sie dabei den älteren Leuten Angst macht, scheint Nebensache. Vor dieser Dame werde ich nie wieder Respekt haben und auch nach Corona nie wieder an einem Tisch mit ihr sitzen. Ich gestehe, das hab ich vor Corona und fand sie eigentlich ganz nett. Schade drum…